Alle Herrlichkeit auf Erden

Jetzt weiß ich es ganz genau. Glück ist nicht relativ. Glück ist absolut. Es gibt keine Steigerung von Glück. Entweder man ist glücklich oder nicht. Deshalb ist zu viel Glück auch irgendwie Verschwendung. Glück, das ist für mich, wenn ein Traum wahr wird. Das muss kein ganz großer sein, ein kleiner reicht für die tägliche Dosis. Was aber, wenn das Glück einen überflutet, man fast ertrinkt in Glück. Kann Glück besoffen machen? Mich jedenfalls nicht. Mich macht zu viel Glück ängstlich. Nur nicht die Götter neidisch machen.

Seit drei Wochen darf ich „alle Herrlichkeit auf Erden“ erleben. Wir haben uns einen ganz, ganz großen Traum erfüllt: einmal Indian Summer in den Neuengland-Staaten erleben. Das, was wir erlebt haben, war viel mehr, als wir je erträumt hatten. Es ist eine Reise durch ein uns unbekanntes, faszinierendes, verstörendes, hinreißendes Amerika. Mit großartigen Landschaften, freundlichen und oft skurilen Menschen, mit verschwiegenen Bed & Breakfasts, wo jedes zur nächsten Geschichte reizt. Acht Bundsstaaten plus ein bisschen Kanada, sie haben mich fast sprachlos gemacht. Ich habe mich nicht getraut, die täglich neuen und anderen überwältigenden Eindrücke in Worte zu fassen und in die Welt raus zu posaunen. Von wegen der Götter und so. Am liebsten hätte ich geschrieben: Iiihh, ist dieses Land hässlich. Und so eine Reise ist ja soooo anstrengend. Purer Stress.

Diese Reise ist Glück. Pures, reines, wunderbares Glück. Heute sind wir in Atlantic City, New Jersey. Ich sitze im12. Stock über dem Yachthafen, die Sonne scheint, draußen sind 25 Grad. Wir waren auf dem Broadwalk und es war nicht eine Geschichte, es waren zwanzig, dreißig Geschichten. Geschichten von zerstörten Träumen, von Depressionen und von Rezession, von dicken Menschen und räudigen Katzen, von Halal-Food und Donuts, vom T-Shirt-Verkäufer und von dicken Wahrsagerinnen.

Ja, ich war bei einer Wahrsagerin. (5 $ für morgen, 10 $ Charakteranalyse, 20 $ der ganze große Aus- und Rückblick. Habe natürlich zum Rundumschlag ausgeholt).Sie hat mir drei Kinder angedichtet und gemeint, mein Mann und ich sollten mehr miteinander reden., Gibt es eine Steigerung von Glück? Nein, und mehr miteinander reden geht auch nicht. Das mit den Kindern werden wir auch nicht mehr hinbekommen.

Die dicke, schwitzende Wahrsagerin hat mir hinter einem Vorhang ein sehr sehr langes Leben voraus gesagt. Und dass ich meine Talente mehr nutzen sollte, ich sei sehr talentiert, würde aber zu wenig daraus machen. Aha. Ich habe sie gefragt, wie es denn mit meiner Zukunft aussehen werden. Sie sagte: Nutzen Sie Ihre Talente und sie werden mehr Erfolg haben als Sie sich heute vorstellen können.

Was ich mir bis gestern nicht habe vorstellen können: Dass ich in der Amazon-Bestsellerliste vor Joanne K. Rowling stehe.
Ist der nicht hässlich, dieser erste Platz? Sowas von unattraktiv. Gibt Pickel und macht dick! (Weil man so viel Schokolade braucht als Nervennahrung und so viel Alkohol zum Anstoßen,-)

Wie gesagt, Glück ist nicht relativ. Ich bin absolut glücklich. Nicht mehr steigerbar.

Thank you so much. To whom it ever may concern.

2 thoughts on “Alle Herrlichkeit auf Erden

  1. Nika, nochmal Glückwunsch zur vierten? fünften? Woche an erster Stelle im Kindle. Dein Buch verkauft sich besser als 5,757,000 andere. Darauf darf man mit Recht stolz sein.

    Und vielen Dank für die oben ausgedrückten Eindrücke von dem Land, das ich nicht schnell genug verlassen konnte und dann nicht schnell genug wieder erreichen konnte. Die USA sind mehr als zwiespältig in vielerlei Hinsicht, aber für mich, nach einigen Umzügen und Aufenthalten im Ausland, ist es Heimat. Eine, in der ich gerne lebe. Und die ich, mitsamt sämtlichen Warzen und Unschönheiten, nicht tauschen würde.

    Schön, wenn das eigene Urteil bestätigt wird.

    Da kann man nur wünschen, daß Ihr schnell wieder herkommt. Und diesmal vielleicht in den Westen fahrt. Wo ich insgesamt vierzig meiner Jahre verbrachte, am Pazifikstrand, im Los Angeles der Fünfziger, im Santa Barbara der Achtziger und Neunziger.

    Es ist ein riesiges, schönes, diverses Land. Weshalb ich noch heute lieber im Auto lange Strecken fahre, als zu fliegen. Was man da sieht, haut einen regelmäßig um. Man lernt wieder staunen.

    Schönen Aufenthalt noch, und gute Heimkehr.
    Peter

  2. Lieber Peter,

    vielen lieben Dank für Deine guten Wünsche. Du lebst in einem wundervollen Land, das mir auch irgendwie Heimat ist. Eine Laune des Schicksals hat verhindert, dass ich in den USA aufgewachsen bin. Mein Vater bekam einen Herzinfarkt, während wir dabei waren, nach Louisville umzusiedeln. Ich bin im amerikanischen Sektor von Berlin aufgewachsen, habe einen schrecklich amerikanischen Akzent vom afn hören und durfte schon als Kind mit Daddy nach Amerika fliegen. KomischerwIeise fühle ich mich in Amerika immer 100% europäisch. Nach ein paar Tagen geht mir hier vieles wirklich auf die Nerven, Städte wie New York hasse ich. Aber kaum sitze ich im Flugzeug nach Hause, will ich sofort wieder zurück. Es gibt keinen New York-Film, den ich auslasse. Ich habe meinen Mann sozusagen über meine USA-Liebe kennengelernt, wir haben dann auch in Las Vegas geheiratet. Unsere Hochzeitsfeier haben wir am 4. Juli in Berlin mit 200 Gästen, Feuerwerk und Nationalhymne nachgeholt. This land is your land, this land is my land….
    Und weil diese Reise durch den wundervollen Osten der Vereingten Staaten so aufregend war, habe ich Deinen Aasgeier immer noch nicht ausgelesen. Ich kippe abends einfach um.
    Liebe Grüße (heute aus Long Island)
    Nika

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