Denk ich an amazon bei Nacht

Ich gestehe: Ich liebe amazon. Vom ersten Tag an. Mom hat erzählt, wie es war, als ihr erstes „richtiges“ Buch endlich erhältlich war. Sie hat tagelang vor dem Computer gesessen und alle Stunde ihren Verkaufsrang abgefragt. Seit ich mit einem e-book online bin, kann ich das verstehen. Sie sagt, sie hat geheult vor Freude, damals, als sie ganz schnell ziemlich weit nach oben geschossen ist.

Der Verlag hat damals im übrigen genau das Gleiche getan, wie wir jetzt mit dem e-book: Er hat Promo-Exemplare für die Buchhändler gedruckt. Auflage angeblich 5.000 Stück. Ich schätze mal, die verkaufen das gute Stück noch heute als „gebraucht“ bei amazon. Neulich wollte einer 46,99 für so ein Buch haben.

Natürlich tun mir die Buchhändler leid. Die Branche dürfte ziemlich am Boden liegen, nur noch ein paar ältere Damen als Kunden reichen einfach auf Dauer nicht aus. Wie schön, dass ich auf den Erfahrungsschatz meiner alten Mutter zurückgreifen kann. Ich zitiere: „Die meisten könnten genauso gut Schokolade oder Tomaten verkaufen.

Es gab nur einen einzigen, winzigen Laden in Berlin in der Knesebeckstraße, in dem ich einen fachkundigen Buchhändler gefunden habe, der mir jede Woche genau die Neuerscheinungen empfohlen hat, die mir gefielen. Schon wenn ich die Tür aufmachte, sagte er, ich hab‘ da was Tolles für Sie. Er hatte das Buch gelesen, sich über den Autor informiert und hatte genügend Empathie, um zu wissen, was seinen Kunden gefiel. Durch ihn habe ich die ganze, damals noch ziemlich neue Welt des Krimis wirklich kennengelernt. Ansonsten: Dunkeltuten. Uninteressierte, uninformierte, gelangweilte Händlerinnen, die ihre Kunden wie Gefängniswärterinnen bewachen, aus Angst, man könnte eines ihrer Bücher klauen. Die Alternative sind dann Hugendubel und Konsorten, da wird man wenigstens nicht bewacht aber genauso allein gelassen. Natürlich gibt es Ausnahmen.“

Mom ist seit 15 Jahren Stammkundin in einer kleinen Buchhandlung in Zehlendorf. Wie ich meine Alte kenne, hat die Tausende da gelassen, meistens mit Kreditkarte bezahlt und sich eine Rechnung geben lassen „als Autorin kann ich das absetzten“. Die Buchhändlerin hat bis heute meine Mom nicht mit Namen angesprochen, niemals gefragt, was sie denn schreibe. Wäre wirklich zu schade, wenn so eine Buchhandlung pleite gehen würde! 

Amazon macht das besser. Erkennt mich mit Namen, kennt meinen Geschmack, empfiehlt mir genau das, was ich will.

 

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