Und täglich kommt der Weihnachtsmann

Vor vier Monaten – es war Samstag, der 25. August –  kam er zum ersten Mal in diesem Jahr zu mir: Der Weihnachtsmann. Er hatte das schönste Weihnachtsgeschenk meines Lebens im Sack, Platz 1 der amazon-Bestsellerliste und das eine Woche nach der Einführungs-Gratis-Aktion von Der 7. Tag.  Ich habe geheult, geschrien, bin durch die Wohnung getobt, habe gelacht und wieder geheult. Freude, Freude, Freude! Eine Woche später überholte mich Shades of Grey, Band 2, aber es war egal, ich war einmal ganz oben gewesen, das reichte mir. 35 Jahre hatte ich darauf gewartet, 35 Jahre nachdem ich meinen ersten Kriminalroman geschrieben hatte, durfte ich endlich Erfolg haben. Aber auch Platz 2 war toll.

Das zweite Mal erwischte mich der Weihnachtsmann im Hafen von Halifax. Der 7. Tag hatte wieder Platz 1 erobert. Sechs Wochen lang konnte das E-Book dort oben bleiben, sechs unfassbar lange, wundervolle Wochen.  Pünktlich zur Veröffentlichung von Band 3 der grauen Schatten war der schöne Traum vorbei.

Aber der Weihnachtsmann war fleißig und so bescherte er mir am 13. November wieder Platz 1. Niemals hätte ich vor sieben Wochen geglaubt, dass ich dort noch an Heiligabend stehen würde.

Danke, danke, danke, an den Weihnachtsmann, an all die Christkinder, die den 7. Tag gelesen haben, an alle, die sich das E-Book heruntergeladen haben.

Wie ist es, wenn sich der große Lebenstraum erfüllt? Na, wie Weihnachten, wie denn sonst. Wie Weihnachten, Ostern, Geburtstag und Lottogewinn zusammen. Es ist so unfassbar, so unwirklich, so unwahrscheinlich, so unbegreiflich, dass mir glatt die uns ausgehen, um dieses Gefühl zu beschreiben. Man glaubt es einfach nicht, es ist so, als ob das jemand anderem passiert, nicht einem selbst. Was bin ich froh, dass ich Der 7. Tag unter Pseudonym veröffentlicht habe. So habe ich immer ein wenig Abstand dazu, es passiert eben der Nika. Auch ganz böse 1-Sterne Rezensionen kann man als Nika besser verkraften. Es kommt nicht ganz so nah.

Wer nie ein Buch geschrieben hat, wird kaum ermessen können, wie stark ein Autor emotional an seinem Werk hängt. Es ist nicht das Produkt, das da bewertet wird, das bist du. So manch einer ist damit in der Psychiatrie gelandet.

Und wie feiert nun eine Weihnachten, die seit vier Monaten Weihnachten hat? Ganz anders als in „normalen“ Jahren. Weihnachten, das ist bei uns normalerweise zunächst mal eine Dekoschlacht. Ende November setze ich das ganze Haus unter Weihnachtsbeleuchtung, nicht kleckern, klotzen ist angesagt. Dazu hatte ich in diesem Jahr seltsamer Weise keine Lust. Und auch keine Zeit, denn Ende November musste ich mal schnell einen Verlag gründen, das Taschenbuch drucken lassen und mich um das neue Buch kümmern. Also keine Weihnachtsbeleuchtung. Ich habe für die Minimallösung einen Leuchtbaum gekauft und in den Oleandertopf gerammt.

Während ich in normalen Jahren auf jedem Schrank Tannengirlanden mit Weihnachtsdeko habe und auf jedem Tisch mindestens ein selbstdekoriertes Adventsgesteck, bin ich in diesem Jahr zu meinem Blumenhändler gegangen und habe einen bescheidenen Adventskranz und ein Tischgesteck gekauft. Gestern haben wir zum ersten Mal bei angezündeten Adventskranzkerzen gemütlich Kaffee getrunken und Weihnachtsmusik gehört. Wir hatten bis jetzt keine ruhige Adventsminute gehabt.

In normalen Jahren holen wir zwei Tage vor Heiligabend einen Baum vom Händler und dann muss mein Süßer in den Keller, fünf große Weihnachtsbaumkisten raufholen. Ich kenne nur einen einzigen Menschen, der mehr Weihnachtskitsch hat als ich, der fährt allerdings schon im Sommer zu Käthe Wohlfahrt. Einmal wäre ich von einem Weihnachtsbaum fast erschlagen worden, der auf mich fiel, als ich mit dem Schmücken fertig war und nur noch schnell unten drunter gefegt habe. Ja, ich liebe Weihnachtskugeln und ich habe für jede Stimmungslage ein Komplettset. Sprich alles zwischen Cremeweiß und Apfelrot, zwischen Tannengrün und Gold, zwischen Silber und Kupfer. Aber dieses Jahr hatte ich dazu keine Lust. Ich bin zu unserem Blumenhändler gegangen, habe einen Weihnachtsbaum im Topf gekauft und mir diesen geschmückt liefern lassen. Die Minimallösung.

In normalen Jahren, da stehe ich Ende November in der Küche und backe Plätzchen. Und dann malen mein Mann und ich stundenlang liebevoll jedes einzelne Plätzchen an: die Katzen kriegen Barthaare aus Schokolade, die Weihnachtsmänner rote Johannisbeergelee-Mützen und die Schneemänner kriegen Liebesperlen als Knöpfe auf den Leib. In diesem Jahr bin ich nicht zum Backen gekommen, aber eine liebe Leserin hat mir selbstgebackene Kekse geschickt.

In normalen Jahren habe ich im Dezember ständig die Bude voll. Es gibt die obligatorische Weihnachtgsparty für die Nachbarn, Anfang Dezember das große Geburtstagsessen mit Freunden, vor Weihnachten und zwischen den Jahren fast täglich Dinner-Besuch. Ich liebe es, meine Freunde zu bekochen. Dieses Jahr laden wir ins Restaurant ein. Ich habe keinen Nerv zum Kochen.

In normalen Jahren, da planen wir bereits Mitte Dezember, was wir wann zu Weihnachten essen. Wir machen Kaninchenterrine, beizen Lachs, entern die Metro und kaufen ein, soviel das Auto an Stauraum bietet. In diesem Jahr waren wir noch nicht mal in der Metro.

In normalen Jahren, da sind wir den halben Dezember damit beschäftigt, Weihnachtgsgeschenke zu kaufen. In diesem Jahr haben wir beschlossen: Wir schenken uns dieses Jahr nichts.

In normalen Jahren sind wir Heiligabend vormittags bei Rogacki, Berlins bestem Fischhändler, und holen die bestellten Hummer, Austern und Braten ab. In diesem Jahr gibt es Tafelspitz, der bereits fertig gekocht auf der Terrasse steht.

Schließlich ist dieses Jahr kein normales Jahr. Oder ist es normal, dass seit vier Monaten täglich der Weihnachtsmann kommt? Das kann man einfach nicht mehr toppen, weder mit Deko, noch mit Partys, noch mit gutem Essen oder Geschenken.

2012 war ein Geschenk.

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