Das Geheimnis einer guten Ehe: zusammen viel Spaß haben!
Las Vegas, 9.1.1999: Die Fontänen schossen fast bis zu uns hinauf. Das Wasser tanzte zu Hey, Big Spender und wir genossen unsere Eggs Benedict zum Frühstück direkt hinter den riesigen Fenstern in unserem Zimmer ganz oben im Hotel Bellagio. Wie es sich für einen ordentlichen Las Vegas-Trip gehört, hatte ich am Vorabend einen einarmigen Banditen ausgeräumt. Glück im Spiel, Pech in der Liebe?
Wir hatten am Vortag unsere Heiratslizenz beantragt, was in etwa so spannend war, als ob man sich eine Monatskarte für die örtlichen Verkehrsbetriebe kauft. Eine halbe Stunde hatten wir in einem schmucklosen, grauen Raum in der Schlange gewartet, bis wir dran waren, zusammen mit Afro-Amerikanern, Hawaiianern, Asiaten und vielen, vielen Weißen, die aus der ganzen Welt zu kommen schienen. Als wir endlich dran waren, hat Schatzi ein paar Scheine hingelegt und zack hatten wir unseren Stempel auf dem Formular, das wir hinten in dem Raum im Stehen an einer abgewetzten Resopalplatte ausgefüllt hatten. Ja, es kostet Geld, hier zu heiraten. Genauso viel wie eine Monatskarte. Nur hier gibt es dafür lebenslänglich. „Next!“
Danach haben wir Wedding Chapels angeguckt, ich wollte jede einzelne Kapelle von innen sehen. Schatzi war mit viel Geduld dabei, auch wenn es ihm eher egal schien, wo er mir das Ja-Wort geben würde. Ihm taten die Füße weh, damals schon. Da gab es Chapels ganz in Weiß, welche, die mit Elivs Devotionalien dekoriert waren, sogar eine Drive-Thru-Chapel haben wir besichtigt. Und danach zu McDonalds…
Wir haben ganz am Ende des Strips, gegenüber vom Hotel Mandalay Bay, also direkt vor dem Flughafen „unsere“ Kirche gefunden: Little Church of the West.
„Die Kirche ist einer typischen Holzkirche im Wilden Westen nachempfunden“, erklärte uns die Pfarrerin, eine attraktive Frau mit ondulierten blonden Haaren. Hier hatten schon Judy Garland, Telly Savalas, Richard Gere und Cindy Crawford geheiratet. Und jetzt wir. Ich war total aufgeregt.
Zunächst machten wir uns auf die Suche nach Ringen und Hochzeitskarten. Beides kriegten wir nicht im Hochzeitsmekka der Welt. Im Ernst, ich habe wirklich überlegt, ob ich mich nicht mit einer Blitzdruckerei dort selbständig machen sollte. Also musste ein Fax reichen. Auch Ringe, die uns beiden passten, waren in fünf Tagen (!) nicht zu bekommen. Das macht bei uns zu Hause ein Juwelier in einer Stunde.
Am Morgen unserer Hochzeit kamen unsere Freunde Micha und Kerstin aus Berlin nach Las Vegas. Eigentlich wollten wir ja heimlich heiraten. Das wurde aber nichts, nachdem Micha und Kerstin uns in Cape Coral, wo wir Weihnachten verbrachten hatten, besucht haben und uns eröffneten, dass sie danach Las Vegas gebucht hatten. Na, dann eben mit Trauzeugen, auch schön.
Um zwanzig vor fünf war es endlich soweit. Schatzi und ich traten vor den Traualtar. Ein farbiger Organist intonierte den Hochzeitsmarsch, die Kapelle war mit Unmengen von Kerzen und künstlichen Blumen geschmückt und mit dem synthetischen Duft von weißen Lilien geschwängert, die farblich mit dem Hosenanzug der Pfarrerin harmonierten.
„Yes I do“, hauchte ich, während der Pfarrerin die Tränen runterliefen. Von Showbiz verstehen die was! Ja, ich würde ihn lieben und ehren, in guten wie in schlechten Tagen, bis dass der Tod uns scheidet. Ich nehme mal an, dass ich sowas Ähnliches der Pfarrerin nachgesprochen habe. Meine Gedanken waren bei meinen Eltern, bei meiner Mutter, die mit Alzheimer in einem Berliner Krankenhaus lag und bei meinem Vater, der noch nie einen Mann an meiner Seite akzeptiert hatte und auch diesen bis kurz vor seinem Tod ignorieren würde. Die Pfarrerin erlaubte dem Bräutigam die Braut zu küssen, während Micha hinter dem Altar mit der Kamera rumsprang und einen Kerzenleuchter umstieß. Kerstin schluchzte hörbar auf der Kirchenbank.
Nach der 20-Minuten-Zeremonie, bzw. nachdem wir diese vor Ort cash bezahlt hatten („Wir akzeptieren auch Kreditkarten“) wurden wir von unseren Trauzeugen mit Friedenstauben aus Plastik und Konfetti beworfen. Kerstin fing den Brautstrauß. Die beiden haben ein Jahr später geheiratet, und zwei Jahre später hat Micha seinen Trauring im Golf von Mexiko versenkt. Schatzi hat als Trauzeuge beim Versenken assistiert.
Da in Vegas wie jedes Jahr im Januar gerade eine Computermesse war, gab es keine Strechlimousinen mehr zu mieten, so dass wir mit einer schnöden Limousine Vorlieb nehmen mussten. Kerstin und Micha hatten mit Hilfe der Valid Parking-Crew vom Bellagio das Auto vorgerüstet, so dass wir nach der Hochzeit laut hupend und mit klappernden Dosen und einem „Just Married“-Schild über den Strip gedüst sind. Im Stratosphere haben wir dann
hoch über Las Vegas unser Hochzeitsessen eingenommen – wir waren so müde, dass wir fast umgefallen wären.
Am nächsten Morgen haben wir die Papiere bei der deutschen Konsulin Frau Sommer abgegeben und sind zum Flughafen gefahren, um noch ein paar Tage in Cape Coral zu flittern. Und oh Erstaunen, die Maschinen hatten stundenlang Verspätung. Schneekatastrophen von New York bis Texas. Unsere Freunde vom weather chanel tun jedes Jahr so, als ob es das erste und einzige Mal sei, dass soooo viel Schnee gefallen ist. Wir saßen also nicht nur einige Stunden in Vegas fest, sondern auch noch sieben Stunden in Houston beim Umsteigen. Als wir endlich total entnervt in Cape Coral ankamen, empfing uns ein eiskaltes, dafür aber sehr schön von Kerstin und Micha dekoriertes Haus. Die Clementinen und die Hibiskusbüsche waren erforen und das, was sie hier Heizung nennen, schaffte es gerade mal auf 17 Grad. Nachdem wir mit Fieber nach Hause geflogen sind, haben Schatzi und ich einige Wochen im Bett verbracht. Nee, wir haben nicht die Flitterwochen nachgeholt – uns hatte ein böser Virus erwischt, der uns beide vier Wochen außer Gefecht gesetzt hat.
Danach haben wir dann unsere Heirat auf dem Standesamt in Zehlendorf beglaubigen lassen. Und am 4. Juli haben wir mit all unseren Freunden ein riesiges Hochzeitsfest in unserem Garten gefeiert, mit 200 Gästen, Band, amerikanischem Bufett, Barbeque, amerikanischer Nationalhymne und Feuerwerk um Mitternacht.
4. Juli: Anschnitt der Hochzeitstorte. Micha hat uns eine Torte in Form eines Spielautomaten backen lassen.
Seitdem vergessen wir seit 15 Jahren fast jedes Jahr unseren Hochzeitstag am 9. Januar. Aber jedes Jahr am amerikanischen Nationalfeiertag, dem 4. Juli, feiern wir und freuen uns, dass wir nicht nur eine außergewöhnliche Hochzeit hatten, sondern auch, dass wir eine außergewöhnlich glückliche Ehe führen. 15 Jahre, wie schnell sie doch vergehen, wenn man sich liebt.
Und natürlich findet die Hochzeit in Las Vegas auch Eingang in einen Roman von Nika Lubitsch: Das 2. Gesicht. Ganz bald auf amazon.
Das ist ein wunderschöner Bericht, der schon beim Lesen glücklich macht!
Ich wünsche euch noch tausend weitere gemeinsame Jahre.
LG
Sabine
Vielen lieben Dank, Sabine!
Sehr guter Artikel. Übersichtlich und sehr informativ! Die Bilder beeindrucken mich, ich habe die Webseite jetzt in meinen Bookmarks.