Träume von gestern

Was interessiert mich der Mist, den ich gestern geträumt habe? Jeder, der rechtshändig eine Maus bedienen kann und schon mal drei zusammenhängende Sätze aus dem Drucker gequält hat, träumt davon, als erfolgreicher Schriftsteller von seiner Kunst leben zu können.

Ja, meine Mom hat das auch mal geträumt. So mit 17, sagt sie. So ganz hat sie diesen Traum nie aufgegeben, er waberte immer im Hinterkopf, begleitete sie über drei Romane und 30 sehr erfolgreiche Berufsjahre in einem mehr als anstrengenden Job. Und dann kam endlich die Chance, worauf sie immer gewartet hatte. Sie konnte zu Hause bleiben und schreiben. Sich endlich auf das konzentrieren, was sie wirklich wollte.

Schade nur, dass ihr irgendwann nichts mehr einfiel. Statt zu schreiben, ging sie im Internet spazieren. Oder einkaufen. Oder zur Waschmaschine. Oder Blumen gießen. Oder mal schnell ins Fitness Center. Vermeidungsstrategien? Vielleicht. Die Angst vor den eigenen Träumen? Nö, sagt Mama, nichts davon. „Ich merkte, dass nichts mehr rauskommt aus der Birne, wenn man nichts reintut.“ Herrje, diesen Ton nannte schon ihr Deutschlehrer: gepflegter Mittelstandsakzent.

Aber mal im Ernst. Kein Mensch kann für andere schreiben, der nicht mitten im Leben steht. Der nicht täglich mit anderen Kontakt hat, Neues entdeckt, Menschliches und Allzumenschliches täglich neu erlebt. Denn sonst kreist man in seinem eigenen Orbit (oder mariniert in seiner eigenen Suppe, wie Mom sagen würde).

Also hat Mom sich wieder eine Betätigung gesucht. Täglich neue Herausforderungen, die es ihr ermöglichen, ganz tief in das Leben anderer Leute zu blicken. Und siehe da, plötzlich geht’s wieder.

Lebensweisheit von Mama Nr. 1: Hüte dich vor deinen Träumen!

 

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