Die letzten Tage vor Weihnachten: Hektik ist angesagt, aber niemand weiß so genau, weshalb. Eigentlich ist das Wochenende nur einen Tag länger, wieso also mehr einkaufen als sonst? Im Supermarkt sind die Champignons aus (warum eigentlich?). „Steht Ihnen mein Wagen im Weg“, fragt mich eine andere Kundin. „Ja“, sage ich und grinse, denn die Frau hat genauso wie ich gar keine andere Chance als mit dem Wagen irgendjemandem im Weg zu stehen. The same procedure as every year.
Dabei gab es früher keine Sonntagsöffnung, die Supermärkte machten um 18 Uhr dicht und samstags um 14 Uhr. Dafür gab es früher keinen Lieferservice, Internet-Händler brachten noch nicht die Weihnachtsgeschenke und erst recht nicht den Weihnachtsbaum frei Haus und auch jedes Buch musste nach oben geschleppt werden.
Heute kommt der DHL-Bote im gefühlten Abstand von zehn Minuten, im Flur stapeln sich die Pakete und die Papier- und Pappetonne quillt zwei Stunden, nachdem die Müllabfuhr sie geleert hat, erneut über.
Bei uns ist heute auch noch die Heizung ausgefallen und ich frage mich, ob in unserer Heizungsanlage ein Andersgläubiger sitzt, der immer zu Weihnachten irgendeinen Hebel umlegt und das Ding auf Null schaltet. Wenn bei uns die Heizung ausfällt, dann grundsätzlich zu Weihnachten. Früher hatte die Hausverwaltung einfach vergessen Heizöl zu bestellen, aber wir sind seit Jahren an die Fernwärme angeschlossen, ist also etwas Ernsteres. Natürlich sind die Büros alle nicht mehr besetzt, die Hausverwaltung mailt zurück, dass sie am 21.8. nicht erreichbar sei, weil sie eine Betriebsversammlung hätten.
Christmas as usual – ich schaue in die Gesichter der Menschen, sie sehen nicht friedlich aus, sondern genervt.
Terror, Krieg, Hunger, gespaltene Gesellschaft – liebe Güte, Leute, wir haben andere Sorgen. Genug mit der Betroffenheit, wir haben virtuelle Lichter als Friedenszeichen verschickt, jetzt haben wir Wichtigeres zu tun, jetzt geht es um die Wurst zum Kartoffelsalat!
In diesem Sinne wünsche ich Euch allen
fröhliche Weihnachten!