Wir verlegen keine Kochbücher!

Auf unseren Festplatten lauern Millionen-Bestseller, alles nur eine Frage der Zeit. Also schaut Euch schon mal das ein oder andere Wassergrundstück an, auf dem Ihr in naher Zukunft Eure Dichterklause einrichten werdet. Wer sich als Autor auf die Suche nach einem Verlag macht, muss über ein stabiles Selbstbewusstsein, Geduld und Durchhaltevermögen verfügen. Natürlich haben wir alle Nobelpreis verdächtige Manuskripte fabriziert. Die darauf warten, entdeckt zu werden.

„Da kannste lange warten“. Muttern, natürlich. „Sei froh, dass Deine Manuskripte wenigstens auf Deiner Festplatte lagern. Als ich anfing zu schreiben, da gab es nur Schreibmaschinen und Durchschlagpapier. Fotokopien waren schlicht unerschwinglich.“ Mama erzählt man wieder vom Krieg. Wobei ich mich frage, wie die das früher gemacht haben mit dem Korrigieren. Heute kann man ja ganze Manuskriptteile ausschneiden und an anderer Stelle wieder einsetzen.

„Schätzchen, copy and paste, haben wir früher auch gemacht. Wir haben die Papierschere genommen, den Textteil ausgeschnitten und neue Seiten zusammengeklebt. Das Einzige was blöd dabei war, waren die Seitenzahlen. Beim zweiten Roman hat man die dann erst zum Schluß eingefügt.“

Und wenn Du etwas ändern wolltest, einen Satz oder einen Absatz? „Radieren geht über Studieren. War zwar ein bisschen blöd bei den sechs Durchschlägen, aber ich konnte virtuos mit dem Ratzefummel umgehen. Und mit Tipp-Ex.“

Wenn das Manuskript dann fertig war, hast Du das Original an einen Verlag geschickt oder wie? „Oder wie! Nein, es gingen immer fünf Durchschläge gleichzeitig raus. Ich hatte gehofft, dass es schnell geht mit dem Berühmtwerden.“

Hat ja bis heute nicht geklappt, wie man sieht. „Danke Schätzchen, Du bist ja mal wieder charmant heute! Aber im Ernst, nein es hat nicht geklappt. Ich habe alle fünf Exemplare regelmäßig zurück erhalten. Mit Formbrief. Ohne Begründung. Nee, halt, ein Verlag hatte eine Begründung für die Ablehnung mitgeschickt.“

Und, hat das weitergeholfen?

Nee. Nicht wirklich. Was besonders interessant war: die Seiten klebten manchmal aneinander, weil das Tipp-Ex noch nicht durchgetrocknet war. Die kriegte ich genauso zurück wie abgeschickt. Kein Schwein hatte sich die Mühe gemacht, in mein Manuskript überhaupt mal reinzuschauen. Ich habe für viele Jahre das Schreiben von Romanen aufgegeben.“

„Aber eine Begründung hast Du doch bekommen“.

„Ja, die war wirklich toll. Es handelte sich um einen Kriminalroman aus dem Rockstar-Millieu. Ich war damals PR-Frau in dem Musikverlag, der auch die Rechte an den Beatles-Songs hatte.  Am Tag, als John Lennon erschossen wurde, kam mir ein ungeheuerlicher Verdacht. Daraus habe ich einen Roman gemacht. Weil er viele Einblicke hinter die glitzernden Fassaden der Musikindustrie gewährte, habe ich das Ding „backstage“ genannt.“

„Die wollten damals bestimmt keinen englischen Titel, stimmt’s?“

„Die konnten noch nicht mal Englisch! Ich erhielt einen Brief von einem sehr großen deutschen Verlag, in dem stand folgendes:

Anbei Backs-Tage zurück. Wir verlegen keine Kochbücher.“

 

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